Haus W Kempten 2010 Auftraggeber privatWohnfläche ca. 246 m²BRI ca. 1564 m³Leistungen 1 - 9Status gebautEnergiestandard 37,7 kwh/m²a (primär)Fachplaner Statik Ingenieurbüro für Baustatik Thomas LippFassadenstatik HaushoferHaustechnik Team für TechnikFotografie H. Rupp Elektroplanung Ingenieurbüro IB.SSiGeKo Harald Kopp

Auszeichnung / Preise

Prämierung thomaswechspreis 2012 Schwäbischer Architekturpreis Häuser des Jahres 2011

Veröffentlichungen

P 059- 117 Architektur im Allgäu 2006-2015 "Häuser des Jahres" 2011 Callwey-Verlag "Haus & Auto" 2011 Callwey-Verlag "BauNetz" Meldung 01.03.2011 "opusC" Ausgabe 6/ 2010

Beton, Holz und Filz. Ein Haus im Allgäu.

„… gehüllt in das Morgenlicht des Spätsommers, der Blick geht über die Stadt Kempten drunten im hier sanften Illertal, der reine Giebel des Hauses strahlt und glüht in der Sonne vor alten Bäumen und dem Tiefblau des Himmels – Erinnerungen an Klenze oberhalb Donaustauf, Bill über der Illerspitze oder Chipperfield über dem Neckar ziehen vorüber – Hochsitz, Lohn eines Weges.“ (Florian Aicher in opusC 6/2010)

Das Haus steht auf einer eiszeitlichen Erhebung über der Stadt Kempten. Gegliedert ist der Baukörper in einen langen, schmalen Sockel im Erdgeschoss, auf dem das Obergeschoß mit Satteldach ruht. Der Sockel überhöht die Lage des Gebäudes am Rande des steil zur Stadt abfallenden Hanges. Durch die Auskragung und das Zurückspringen des oberen Gebäudevolumens entstehen im Garten ein gedeckter Freibereich und auf dem Sockel großzügige Dachterrassen. Im Sockel sind die Garage, ein geschützter Innenhof und ein großer, offener Wohnraum angeordnet. In diesen sind Volumen mit unterschiedlichen Funktionen frei eingestellt und gliedern den offenen Bereich. Eine Treppenskulptur ist eine dieser Volumen und führt ins Obergeschoß. Es ist ein Haus mit zwei Seiten entstanden – ein „Janusgebäude“ in Anlehnung an Alison und Peter Smithson. Im Sockel sind die Bewohner geborgen und das private Leben kann sich vollständig zum Garten im Westen hin entfalten. Zum öffentlichen Raum ist man hier dagegen durch eine geschlossene Betonwand geschützt, in die als einzige Öffnung der Zugang eingelassen ist. Im Obergeschoß dreht sich die Anordnung der geschlossenen und geöffneten Wandflächen um: die größte Öffnung nach Süd-Osten macht hier den Blick frei über die Stadt und in die Allgäuer Alpen, geborgen von den umschließenden Sichtbetonwänden im Westen und Norden.

Die räumliche Vielfalt wird durch im Haus erlebbare Kontraste wie eng – weit, offen – geschlossen oder niedrig – hoch im Alltag spürbar. Das Leben innen wird mit außen verwebt: Bei Abendsonne auf der Veranda, Frühstück im Innenhof, Spielen im Garten, ein Fest auf der Dachterrasse. Das Sichtbetonhaus „tritt in ein raffiniertes Wechselspiel, das man italienischen Städten mit ihren Gassen, Plätzen, Höfen absehen kann, das Wohn- wie Nebengebäude umfasst. Dieses Spiel zeigt sich auch im Verhältnis der Stadt zum Land: Präzise begrenzt, bewehrt, mit genau gesetzten Öffnungen für Verkehr, Ausblicke, Lichtführung.“ (Florian Aicher)

Die Gestalt des Wohnhauses wird durch den monolithisch wirkenden Sichtbeton mit seiner hellen und warmen Anmutung geprägt. Die Verwendung ist inspiriert durch die zahlreichen Betonstützmauern entlang den steilen Wegen und Straßen in der Umgebung und dem Wunsch der Bewohner nach einem spürbar massiven Haus. Die Verwendung purer Materialien regt ein sinnlich-atmosphärisches Raumerleben an. Der helle Beton aus dem nahen Flusstal entfaltet im Zusammenklang mit den geölten Eichenoberflächen und den mit Naturfilz bekleideten Möbeln seine Qualität als „gegossener Stein“.

Der Beton ist gleichzeitig Energieträger für das innovative Heizkonzept des Niedrigenergiehauses. Im Winter ist er temperiert und wirkt damit als raumklimatisch behagliche Strahlungsheizung. Hierfür wurden in den Sockelbereichen Kupferleitungen einbetoniert, die mit niedrigen Vor- und Rücklauftemperaturen ähnlich einer Fußbodenheizung durchströmt werden. Die im Beton gespeicherte Wärmeenergie macht eine aufwendige, künstliche Be- und Entlüftung überflüssig, denn beim Stoßlüften bleibt damit die Energie im Haus. Im Sommer sorgen die Betonspeichermassen für angenehme Kühle. Die Energieerzeugung erfolgt energiesparend und regenerativ durch eine Luft-Wasser-Wärmepumpe.