Haus R Kempten 2017 Auftraggeber privatWohnfläche ca. 169 m²BRI ca. 1062 m³Leistungen 1 - 9Status gebautFachplaner Statik IHW Beratende IngenieureHaustechnik Team für TechnikFotograf Nicolas Felder

Behutsame und minimale Eingriffe im Bestand

Ein altes, ehrwürdiges Haus in einem schönen Garten. In einem gewachsenen Teil von Kempten, in dem die Gartenstadtbewegung heute noch spürbar ist.

Die in die Jahre gekommene Substanz wird mit behutsam gesetzten, minimalen und kontextbezogenen Eingriffen energetisch saniert und für den den heutigen Lebensalltag der Bewohner aktiviert. Der Charakter des Hauses, die Proportionen und Details, sowie die ursprünglichen Materialqualitäten waren noch größtenteils erhalten. Deswegen wird dem verputzten Massivbau kein Dämmpaket übergestülpt, mit dem diese vorgefundenen Qualitäten verloren gehen. Wie beim Haus UMS (thomaswechspreis 2012 und baupreis allgäu 2013) leistet diese Sanierung einen Beitrag zur Debatte, welche Alternativen zum Wärmedämmverbundsystem bestehen.

Intelligente energetische und haustechnische Ideen sind also gefragt. Das ausgewählte Konzept der Temperierung der Außenwände ergibt eine für die Bewohner angenehme Strahlungsheizung, die energetisch deutlich sparsamer als eine konventionelle Konvektionsheizung ist. Trockene Wände sind ein erwünschter Nebeneffekt, der physikalisch nachweisbar deren U-Wert verbessert und den Energiefluss nach außen mindert. „Warme Wände“ machen zudem eine aufwendige kontrollierte Be- und Entlüftung überflüssig, da beim Stoßlüften die in der Baumasse gespeicherte Energie im Haus bleibt. Als regenerative Energiequelle wird über Tiefenbohrungen gewonnene Erdwärme eingesetzt, kombiniert mit einem Stückholz befeuerten Kaminofen.

Spürbar wird das Konzept der behutsamen Eingriffe im Bestand auch in den alltäglich von den Bewohnern innen und außen erfahrbaren Räumen.

Innen findet man noch die klar aufgeteilten Wohnräume vor, die sich um die alte Holztreppe gruppieren, einfache Stuckfriese als Zeichen bürgerlicher Wohnkultur sowie Holztüren und -zargen. Alles noch handwerklich vom Schreiner gefertigt. Um den Innenraum stärker mit dem Garten zu verweben wurden die Fenster bodentief vergrößert. Die alten Kastenfenster und Fensterläden werden repariert und erhalten. Die alte Treppe und der Holzdielenboden werden abgeschliffen, weiß geseift und an manchen Stellen durch neue Seekieferdielen ergänzt. Bei den Innenwänden wird der ursprüngliche Putz freigelegt und frisch getüncht. Ein Küchenblock ist wie weitere neue Einbaumöbel aus weiß beschichteten Multiplexplatten gefertigt und aktivierendes Element in der Wohnküche. Die größte Wirkung mit minimalem Aufwand erreicht das Freiräumen des Dachraums, wo ein heller und luftiger Raum entsteht, der im Spitz eine neue Galerie beherbergt.

Um die Aufenthaltsqualität des Gartens mit seinen alten Obstbäumen zu stärken, wird geborgen im neuen Zwischenraum zwischen ergänzter Garage und Haus, ein Holzdeck eingeschoben, eingefasst von großzügigen Pflanzbecken. Garage und Pflanzbecken sind aus Ortbeton gegossen und nehmen mit ihrer gestockten Oberfläche die grobkörnige Putzstruktur des Bestandsgebäudes auf.

Das Konzept des Bewahrens vorgefundener Qualitäten und behutsamer Eingriffe findet sich sowohl im Detail, innen und außen, als auch im energetischen Konzept.

 

54_Roth_Ansicht_Nord

Ansicht Nord

 

 

54_Roth_Ansicht_Sued

Ansicht Süd