6.8.2019

Nominiert für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2020
Kita Goldhofer auf der Shortlist unter den Besten 8
Jurybegründung:
Die Kita Karoline Goldhofer in Memmingen im Allgäu stellt die große relevante Frage, wie wir mit gebrauchter Gebäudesubstanz umgehen – und findet gute Antworten. So wird den Kindern, Eltern und den Mitarbeitern über das Gebäude erlebbar gemacht, dass das Gebrauchte und Reparierte einen Wert hat.

Die Kita ist ein von einer Familie gestiftetes ehemaliges Wohnhaus. Während andere vielleicht überlegt hätten, das Bestandsgebäude abzureißen und das Grundstück neu zu bebauen, arbeiten die Architekten hier mit den Stärken des alten Gebäudes – der Materialität und den Räumlichkeiten – und ergänzen es durch einen neuen, offenen Raum. Eine zweite Haut in Form von Polycarbonatplatten ist über die Villa der Stifter gezogen. Sie funktioniert wie ein Energiegarten: Der thermodynamische Puffer erlaubt den Verzicht auf konventionelle Dämmung des Bestandsgebäudes. Der ehemalige Außenraum der Villa wird zum geschützten und großzügigen Raum für die Kinder.

Aus dem Vorhandenen wird Neues gemacht und weiter gestrickt. Wir sehen hier ein Beispiel für eine Ästhetik, die wir in Zukunft öfter sehen werden –  und sehen werden müssen: Neu trifft auf Alt. Spuren der Villa, wie z.B. der außenliegende

Kamin werden integriert in den neuen Innenraum. Hier entstehen spannende Nischen zum Entdecken.

Damit ist auch das in der Kita angewandte Reggio-pädagogische Konzept in der Architektur umgesetzt: Nicht auf den Schwächen der Kinder, sondern auf ihren Stärken soll man weiterbauen. Im Inneren wurden alle Materialien belassen wie vorgefunden oder roh verbaut. Das entspricht der pädagogischen Idee, dass das Gebrauchte und Reparierte als Wert erfahrbar gemacht werden soll. Auf diese Weise dient der Raum als Erzieher in mehreren Ebenen.

Es ist nichts Neues, etwas Gutes aus dem Vorhandenen zu machen. Das geschah auch früher schon – aus Not oder einfach aus gutem Menschen- und Naturverstand – und ist vielleicht in unserer heutigen Komfort- und Konsumzeit in Vergessenheit geraten. Die Innovation – wenn wir diese Wiederentdeckung so nennen wollen – liegt darin, sich über die gelernten konventionellen Ansprüche hinweg zu setzen und stattdessen mit dem Widerstand des Bestandes etwas Außergewöhnliches zu schaffen. Diesen Ansatz honoriert die DGNB Jury mit einer Nominierung der Kita Karoline Goldhofer für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur.